Das letzte Abendmahl
Der vorletzte Morgen an Bord war noch einmal gemächlicher als die bisherigen Tagesanbrüche. Zum einen hatte das damit zu tun, dass die gestrigen Wetter-Kapriolen über Nacht nahezu vollends abgeklungen waren und wir stattdessen schön in den Schlaf geschunkelt wurden. Zum anderen möchte man natürlich einen wunderschönen Urlaub einfach nicht enden lassen.
So vertrödelten wir den Vormittag, genossen ausgiebig das letzte „Full Irish Breakfast“ an Bord und lösten erst um viertel vor eins die gestern so mühsam fixierten Taue. Das Wetter war uns erneut wohlgesonnen und so konnten wir wieder mit offenem Verdeck einmal quer über den See cruisen. Wie immer taten wir das in aller Gemütsruhe mit nicht mehr als 1.500 Touren, so dass es beinahe 2 1/2 Stunden dauerte, bis wir vom nord-westlichen Zipfel des Lough Ree zu seinem süd-östlichen Ausleger gelangt waren. Zwar wurde es unterwegs zunehmend windig, aber die jahrelange Navigationserfahrung kommt einem spätestens dann zu Gute, wenn es gilt, allzu heftige Turbulenzen an Bord zu vermeiden. So passten wir beständig den Kurs an und schafften es tatsächlich, den See bei mitunter beachtlichem Wellengang zu queren, ohne dass das Geschirr im Schrank seinen angestammten Platz verließ.

Kurs Süd-Ost: Die Glasson Lass auf dem Heimweg
Schon bei der Anfahrt auf unsere Heimat-Basis, Quigleys Marina, winkte uns Shain zu, der sich auch um die Abschluss-Abnahme kümmerte. Die verlief wie gewohnt auf sehr entspannte irische Art. Einmal kurz gefragt, ob alles in Ordnung gewesen ist und das war es dann schon. Wer mit einer detaillierten Inspektion rechnet, ist hier in der Regel Fehl am Platz. Wir haben auch so gebeichtet, ein Glas zerdeppert zu haben - allerdings haben wir die Bootsausstattung dafür auch um zwei Guinness-Gläser und einen Pfannenheber ergänzt. Da das Boot noch ganz neu in der Vermietung angeboten wird, haben wir auch noch die ein oder andere Anregung an den Mann gebracht, was noch verbessert werden könnte. Insgesamt wirklich nur Kleinigkeiten, da das Schiff auch so schon einen weit überdurchschnittlichen Komfort bietet, aber das Bessere ist halt der natürliche Feind des Guten. So wären weitere Scheibenwischer sicher nicht falsch und die Wasserhähne an Bord könnten durchaus mal ein neues Set Dichtungen vertragen. Wenn es auch nur ein wenig irgendwo dröppelt, nimmt irgendwann die Wasserpumpe kurz aber gut hörbar ihren Dienst auf - ohne Rücksicht auf irgendwelche Uhrzeiten. Wir haben abends daher immer noch eine Kontrollrunde gestartet und sämtliche Hähne zur Sicherheit einmal nachgezogen, um ungestört durchschlafen zu können.
Insgesamt sind das aber wirklich Klagen auf sehr hohem Niveau. Die Glasson Lass ist wahrlich komplett ausgestattet und bietet mit dem zweiten Steuerstand, dem Vollverdeck und dem Bugstrahlruder eine Menge Annehmlichkeiten für das entspannte Befahren der hiesigen Wasserwege. Dazu kommt eine Küchenausstattung, wie wir sie bisher noch auf keinem Boot angetroffen haben. Da fehlte - bis auf einen Kunststoff-Heber für die beschichteten Pfannen - wirklich nichts, sämtliche Utensilien waren zudem praktisch fabrikneu.
Besonders auf die Möglichkeit, bei Bedarf ganz offen, teilweise offen oder geschlossen zu fahren, möchten wir schon seit den sehr guten Erfahrungen auf der Bootstour in 2014 nicht mehr verzichten. Wenn von 21 Tagen lediglich zwei Regentage zu Buche stehen, dafür aber 17 Tage, an denen man neben der Sonnenmilch für jeden zusätzlichen Schutz dankbar ist, spricht tatsächlich auch künftig Einiges für die Boote mit Achterdeck-Haube.

Zurück Zuhause: Letzter Anleger nach drei Wochen treuem Dienst
Für Statistikfreunde bleibt festzuhalten, dass wir in dem diesjährigen Bootsurlaub etwa 150 Liter Diesel verfahren und nur etwas über 50 Betriebsstunden gesammelt haben. Beides äußerst geringe Werte, die ein Beleg dafür sind, dass wir uns mehr auf die Entspannung als auf die Fahrerei verlegt haben. Da unser Tank bei der Glasson Lass ca. 450 Liter fasst, hätten wir ohne Weiteres also noch einmal sechs Wochen dran hängen können.
Heute Nachmittag haben wir in Ruhe Koffer gepackt und das Boot innen und außen gründlich gereinigt. Danach sind wir einmal in Ruhe durch die Marina gestreift und müssen attestieren, dass der hiesige Liegeplatz sicherlich zu den Basen mit dem wertvollsten Schiffsbestand am Shannon zählt. Solch eine Ansammlung von großen und zweifellos nicht günstigen Yachten sieht man sonst allenfalls auf der Boot in Düsseldorf auf einem Fleck.

Kapitalstarke Basisstation: Einer der millionenschweren Stege der Quigleys Marina
Nun schunkeln wir gemütlich in den Abend hinein und liegen dabei unmittelbar hinter dem größten Schiff, das derzeit den hiesigen Fluss und die Seen an seinem Verlauf befährt, der Shannon Princess - einem Kreuzfahrtschiff, in dem man für unglaublich hohe Preise z.B. unvergessliche Golftouren durch Irland buchen kann. Maximal 10 Personen werden dabei sehr feudal mit Vollservice von einem Golfkurs zum nächsten geschippert. Schon ab 4.400 Dollar die Woche ist man dabei - in der Nebensaison, versteht sich.

Shannon Princess - nicht unbedingt schön, aber zumindest schön teuer
Trotz relativ spätem Rückflug werden wir morgen von unserem Fahrer leider schon um halb zehn an der Marina abgeholt. Wir werden also mehr als genug Zeit am Dublin Airport zur Verfügung haben, um die angefangenen Bücher zu Ende zu lesen, ein bisschen in den Flughafen-Shops zu stöbern und noch das ein oder andere Andenken zu erwerben. Naja, ist auch nicht schlimm. Wir hatten nun drei Wochen keinen Stress - wieso sollten wir also auch am letzten Tag damit anfangen?


Auf ein baldiges Wiedersehen in Irland freut sich in jedem Falle die diesjährige Crew der Glasson Lass.
Einmal ordentlich durchgepustet
Na, da hat der gestrige Abend ja dann doch noch einen etwas überraschenden Verlauf genommen. Wir waren eigentlich nur noch einmal für eine kurze Runde um den Hafen im Schmuddellook aus dem Boot gestiegen, als wir am Zugang zu unserem Steg auf einen älteren Iren trafen, der eine Anzahl DIN-A4-Blätter auf dem Arm hielt und sichtlich erfreut war, auf uns Touristen zu stoßen. Wie sich schnell herausstellte, handelte es sich bei den Papieren um Einladungen in einen der drei örtlichen Pubs in Clondra namens „The Camlin Bar“, wo an dem Abend die „Traditional Irish Music & Song Night“ starten sollte. Er selbst würde Akkordeon spielen, es kämen aber auch noch weitere Musikanten und man könne eine sehr lustige Session erwarten.
Wir gingen angesichts dieser mit Inbrunst und Stolz vorgetragenen Ankündigung also noch einmal in uns, um anschließend das geplante Abendprogramm über den Haufen zu werfen, uns umzuziehen und gegen halb zehn in den Pub aufzubrechen.
Und was soll man sagen? Es wäre ganz klar ein Fehler gewesen, nicht noch einmal aufzubrechen. Als wir eintrafen, waren zwar gerade einmal drei Personen vor Ort, die waren dafür aber echte Originale - ebenso, wie der Pub selbst. Neben unserem Akkordeon-Spieler saß noch eine Dame etwa gleichen Alters am Tisch, die den Inhalt eines kleinen Supermarktes (u.a. Margarine und Handseife) vor sich stehen hatte und sich gemütlich ihr Abendessen zubereitete. Und dann war noch Seamus, der Pub-Inhaber: Selten haben wir einen chaotischeren, scheinbar völlig überforderten, aber dennoch absolut liebenswerten Kneipier getroffen.
Die drei saßen in einem Raum, der ungefähr die Ausmaße eines mittelgroßen Wohnzimmers aufwies und bei dessen Innengestaltung sich der Dekorateur, der für die Tapeten zuständig war, offensichtlich auch um die Sitzgelegenheiten hatte kümmern dürfen. Die von uns regelmäßig angebrachte Frage nach einem WiFi konterte Seamus mit einem Achselzucken und einem aufrichtigen „Unfortunately not“. Eigentlich hätte uns der Röhrenfernseher in einer Ecke des Raumes auch schon von der Frage abhalten können, aber man will sie halt nicht auch nicht ungestellt lassen. Es verwunderte bei der Einrichtung beinahe schon ein bisschen, dass das Betriebstelefon keine Wählscheibe mehr hatte.
Und dann geschah das Wunder von Clondra. Die Tür zum Pub öffnete sich und öffnete sich und öffnete sich und wollte damit auch vorerst gar nicht mehr aufhören. Solange jedenfalls nicht, bis schließlich nicht weniger als zehn Musiker mit Flöten, Gitarren, Handtrommeln, Akkordeons, Mundharmonikas und natürlich Geigen versammelt waren. Dazu noch ein Dutzend Einheimische mit einem gefühlten Altersdurchschnitt jenseits der 70 und acht deutsche Touristen. Wohlgemerkt: Es war mitten in der Woche, es ging mächtig auf Mitternacht zu und die Stimmung stieg immer weiter an. Es wurde musiziert, gesungen, erzählt, gefrotzelt und getrunken - und das meist sogar gleichzeitig. Seamus schenkt sicherlich das schlechteste Guinness diesseits des Atlantiks aus, kommt mit dem Spülen der Gläser nicht nach, wird beim Abrechnen auch kleinster Bestellungen vor schier unüberwindbare Hindernisse gestellt, aber eines muss man ihm lassen: Er hat da eine verdammt lustige Stamm-Mannschaft am Start. Unvegessen wird auch unsere 86-jährige Banknachbarin bleiben, die sich für ein Foto erst einmal die Brille abnahm - für Eitelkeiten ist man halt nie zu alt.

Es wurde eine Session versprochen - und die gab es dann auch: Die Camlin-Bar-Combo
Als wir heute früh aufstanden, hatten wir immer noch ein seeliges Grinsen bei dem Gedanken an gestern Abend auf dem Gesicht. Wer mal mittwochs in der Nähe ist, sollte auf jeden Fall vorbeischauen - aber keinesfalls Bier vom Faß nehmen.
Um halb zwölf lichteten wir die Taue und machten uns auf den Weg zurück Richtung Lough Ree, in dessen süd-östlichem Teil sich ja auch unsere Basis befindet, zu der wir morgen zurückkehren wollen, um unsere Koffer abzuholen und ein paar Anleger weiter in Ruhe zu packen.
Es ging also zurück durch die grüne Hölle des Clondra Canal und seine kleine Schleuse, wo wir auch schon von unserem gestrigen Schleusenwärter erwartet wurden, der sich bis zu unserem Eintreffen die Zeit mit Rasenmähen vetrieben hatte.
Das Wetter war zwar bedeckt, aber trocken. So konnten wir mit offenem Verdeck gemütlich an Lanesborough vorbei bis in den See vordringen. Dort wurde es dann zunehmend windig, aber andererseits riss der Himmel auf und einmal mehr musste mit Sonnencreme dem Sonnenbrand kräftig gegengesteuert werden.

Der Lough Ree war heute schon zu Beginn nicht mehr ganz so glatt wie auf der Hintour
Zunächst hatten wir noch das Glück, dass Rückenwind auf dem Weg nach Süd-Westen die Wellen von hinten unter dem Boot durchspülte - bei immer heftiger werdenden Böhen war allerdings klar, dass wir bei einer zwangsläufig anstehenden Wende, um in das nord-westlich gelegene Portrunny zu gelangen, irgendwann auch ordentlich schunkeln würden.

Wer Wind sät, wird Sturm ernten - da braute sich schon was zusammen
Um die Kurve sind wir dann aber doch noch einigermaßen ungeschoren gekommen, lediglich die letzte Seemeile vor Portrunny wäre für Menschen mit nicht ganz so stabilem Magen vielleicht zu einer leichten Herausforderung geworden. Unsere Herausforderung hingegen sollte noch kommen - das Anlegemanöver im Portrunny Harbour. Als wir in den Hafen einliefen, merkten wir schnell, dass die Annahme, er sei windgeschützt gelegen, nicht zutreffen würde. Es fand sich schlicht keine Möglichkeit, sich irgendwo leicht an den Steg drücken zu lassen, um in Ruhe zu vertauen. Gleichwohl es nicht regnete, wussten mittelschwere Sturmböen dieses Ansinnen nachhaltig zu verhindern. Wir entschieden uns schließlich für ein waghalsiges Manöver an der Kaimauer - in der Hoffnung, dass wenigstens die ein zügiges Anfahren unterstützen würde. Weit gefehlt. Kaum war Smutje von Bord, drückte der Wind das Boot mit aller Macht vom Anleger weg. Nur unter gemeinsamer Mobilisierung der wirklich allerletzten Kraftreserven gelang es uns schließlich, die Glasson Lass dingfest zu machen.

Geschafft: Boot und Crew sind in Sicherheit, während das Wetter im Zeitraffer vorbei zieht
Die eigentliche Katastrophe war aber weniger das nur mit Mühe gerettete Anlegemanöver, sondern die Tatsache, dass der hiesige Pub am Hafen seine Pforten leider zwischenzeitlich für immer geschlossen hat. Für das zweite Deutschland-Spiel müssten wir daher leider kilometerweit laufen, wozu wir heute schlicht keine Lust mehr haben. So verfolgen wir bei sich langsam beruhigendem Wetter den Live-Ticker und schauen einem örtlichen Schwimmtreff zu, der sich mit Neoprenanzügen und Flossen unverdrossen in die noch recht aufgewiegelten Fluten stürzt. Für die Iren gibt es vermutlich erst bei Orkan einen Grund, das gemeinsame Schwimmen abzusagen. Bewundernswert.
Morgen werden wir definitiv zum zweiten Mal das erste (Miet-)Boot sein, das den Hafen verlässt - außer uns hat es, vermutlich wetterbedingt, kein anderes Schiff bis hierher verschlagen.

Ganz langsam beruhigte es sich draußen - immerhin gab es keinen Tropfen Regen heute

Und schon sieht es so aus, als wenn nie etwas gewesen wäre - typisch Irland
Ungeplanter Wendepunkt
Heute früh wurden wir beim Aufstehen von allerbestem Wetter empfangen. Das hatte sich gestern Abend bereits angekündigt, als der Himmel urplötzlich aufbrach und die letzten drei Stunden bis zum Sonnenuntergang um kurz nach 22 Uhr in wunderbares Licht bei absoluter Windstille tauchte.

Wetterumschwung mit prachtvoller Farbpalette
Wir hatten daher unseren Abendspaziergang mit einer kleinen Fotosafari verbunden und sind mit allerlei schönen Bildern belohnt worden, bevor wir schließlich an Bord zurückkehrten und die andächtige Stille um uns herum mit einem leckeren Glas Guinness genossen.

Nach dem langen Regentag wirkte alles frisch und neu
Imponsant war bei unserem Rundgang insbesondere die Gegend um den Anleger und die beiden Flussufer. Was sich dort in den vergangenen Jahren getan hat, ist wahrlich beachtlich. Ob es die Wege durch die parkähnlichen Anlage sind, die Geländer an den Uferpromenaden, die Service-Einrichtungen für Bootsfahrer, der kleine Kinderspielplatz oder die zahlreichen Sitz- und Picknickgelegenheiten - alles wirkt brandneu und unglaublich gepflegt. Hatten wir Lanesborough von unserem letzten Besuch gar nicht einmal in besonderer Erinnerung, hat es sich dort in jetzigem Zustand auf jeden Fall verewigt.
Als wir heute um 12 Uhr schließlich von dort wieder aufbrachen, war alles wie gewohnt. Alle anderen waren schon weg. Aber immerhin hatten wir auch schon die letzte Ladung Proviant für diesen Urlaub im örtlichen Super Valu aufgenommen. Unter anderem wunderbar aussehenden Whiting (Weißfisch), den es gleich frisch zubereitet geben wird.
Als wir Richtung des nördlich gelegenen Roosky losfuhren, hatte es sich leider zwischenzeitlich zugezogen und beständig zu regnen angefangen, so dass unterwegs der Entschluss reifte, erst einmal nur bis Tarmonbarry zu schippern, das auf halber Strecke liegt. 1 3/4 Stunde später waren wir dort angekommen und legten bei mittlerweile immer stärker werdendem Regen vor der Schleuse unterhalb von Tarmonbarry an. Dort wollten wir eigentlich die nächste Regenpause abwarten, um beim Schleusen nicht klitschnass zu werden. Die erste Gelegenheit heute also, einen Kakao zu trinken und einen Blick in die Bücher zu werfen.
Während unserer Pause erinnerten wir uns dann jedoch an eine Passage, die uns bei unserer zweiten Bootstour in 2008 besonders viel Freude bereitet hatte und die ihre Zufahrt praktischerweise genau gegenüber unseres Rastplatzes hatte: Der Clondra Canal, der einerseits die Verbindung zum Royal Canal und andererseits zum Camlin River herstellt - letzterer ist zweifellos eine der spektakulärsten, jedoch wenig beachteten Schiffspassagen durch die hiesige Landschaft.
Wir machten also los und fuhren in Richtung der Schleuse am Ende des kurzen Clondra Canal - eine der ganz wenigen Hebeanlagen, wo man den Schleusenwärter beim Eintreffen telefonisch kontaktiert. Der gute Mann macht sich dann im nahe gelegenen Richmond auf den Weg, um einem die Passage zu ermöglichen - und das sogar größtenteils in echter Handarbeit.

Zweifellos eine der urigsten Schleusen an den Wasserwegen: Clondra Lock
Zum allerersten Mal in diesem Urlaub hatte sich der Käpt’n sogar in seine Regenjacke gezwängt, um auf alle Eventualitäten vorbereit zu sein. Natürlich hatte er die Rechnung ohne das irische Wetter gemacht. Während wir noch auf den Schleusenwärter warteten, hörte der Regen plötzlich auf und die Sonne brutzelte aus einem strahlend blauen Himmel auf die viel zu warm angezogene Crew herab.

Ziemlich eindeutig ein Seiler
Wir zuckelten einige hundert Meter den Clondra Canal entlang und bogen dann direkt zu einem der kleinsten, aber wegen der starken Strömung am Wehr herausfordernsten Anleger in der unteren Etage des Richmond Harbour ab. Es gibt dort neben dem unteren Hafen noch einen höher gelegen Teil, zu dem man noch einmal hätte hoch geschleust werden müssen. Von dort geht es dann auch in den 145 km langen Royal Canal, der den Shannon ebenfalls - wie der Grand Canal, der bei Shannonbridge mündet - mit Dublin verbindet. Zwei Kanäle und beide nach Dublin? Ja, denn Mitte des 18. Jahrhunderts konkurrierten beide Bauprojekte miteinander, nur um beide kurze Zeit nach ihrer Eröffnung durch eine Eisenbahntrasse für den gewerblichen Schiffsverkehr unattraktiv zu werden. That’s life.

Da kann der Nürburgring einpacken: Grüne Hölle Clondra Canal

Alle Wege führen nach Dublin - ehrgeiziges Bauprojekt ohne Fortune: Royal Canal
Nach einem halsbrecherischen Anlegemanöver liegen wir nun unmittelbar am Wehr und genießen das stete Plätschern des Wassers, während wir den heutigen Einkauf verputzen, die letzten dunklen Regenwolken mit einem leichten Donnergrummeln vorüberziehen und wir im Stillen auf einen Wetterumschwung wie gestern Abend hoffen.

Da hat die Kombüse mal wieder ordentlich gezaubert

Oha, da geht doch sicher noch was!
Ab morgen werden wir uns dann gezwungenermaßen so langsam auf den Rückweg zur Heimatbasis machen und natürlich voher ein passendes Etappenziel mit der Möglichkeit heraussuchen, das zweite Deutschland-Spiel live im Pub zu verfolgen. Wobei der EM-Titel eigentlich im Duell der beiden sympathischsten Fangruppen vergeben werden sollte. Das Endspiel würde dann wohl Irland gegen Island lauten. Wer die mitreißenden Bilder der ausgelassenen und friedlich feiernden Fans aus diesen Ländern gesehen hat, könnte sicher - genau wie wir - sehr gut mit einem solchem Ausgang des Turniers leben.
Wasser marsch!
Heute morgen um acht hörte es sich so an, als würde es ganz leicht nieseln. Also haben wir uns lieber noch einmal umgedreht und erst um neun Uhr ein erstes Auge nach draußen riskiert. Und tatsächlich: Feinstes Fieseln vorm Fenster. Das ließ nur eine Reaktion zu: Noch einmal umdrehen und das Aufstehen nach hinten verlagern. Um 10 Uhr hatte es dann so gut wie aufgehört, so dass wie gewohnt Türen und Fenster zum Anbraten des irischen Frühstücks geöffnet werden konnten. Draußen setzte derweil ein sonores Brummen ein - der Unterwasser-Mähdrescher-Fahrer hatte seinen Dienst aufgenommen und sehr zur Freude sämtlicher Freizeit-Skipper damit begonnen, Hafen und Kanal von der überbordend wuchernden Pflanzenwelt zu befreien.

Reiche Ernte: UMD 1 im Einsatz
Es war High Noon, als das schier Undenkbare Gewissheit wurde und eine Premiere anstand: Wir waren die erste Crew, die den Hafen verließ! Mit zahlreichen Grüßen und guten Wünschen ausgestattet, begannen wir die Schleichfahrt durch den Kanal zurück zum Lough Ree. Mitunter hatten wir dabei den Eindruck, dass sich Schilf, Seerosen und Unterwasserpflanzen seit gestern noch einmal exponentiell vermehrt haben.

Irgendwo zwischen idyllisch und bedrohlich: Grünzeug auf dem Vormarsch
Als wir schließlich nach einer halben Stunde auf den See hinaus kamen, hatte der Niesel zwar wieder eingesetzt, aber wir konnten noch im Cabrio-Modus cruisen und ein T-Shirt war vollkommen ausreichend. Es war allerdings bereits deutlich zu erkennen, dass dieser Zustand heute wenig Bestand haben sollte. Sowohl hinter als auch vor uns schloss sich nach und nach die Wolkendecke komplett und schaltete auf dunkelgrau bis tiefschwarz um.

Unser gewohntes Blau trat heute den Rückzug an
Die Einschätzung ist vermutlich Glück oder schlichte Erfahrung, wann der richtige Moment gekommen ist, das Verdeck komplett zu schließen. Wir haben den Zeitpunkt jedenfalls haargenau abgepasst. Kaum fuhren wir geschlossen, öffnete der Himmel seine Schleusen und es regnete auf dem Level „ordentlich bis beachtlich“. Dem Navigieren innerhalb der ausgewiesenen Fahrrinne auf dem Lough Ree war das natürlich wenig zuträglich, aber der bordeigene Feldstecher hat uns dann doch jede Markierung noch rechtzeitig erkennen lassen - und das trotz nur eines Scheibenwischers vor dem Steuerstand am Oberdeck. Wobei man sich - gemütlich im Trockenen sitzend - mitunter wie ein Weichei vorkommt, wenn man an unverwegenen Anglern in kleinen Nussschalen vorbeizieht.

Angelsport ist nur was für die ganz Harten
Nach 2 1/2 Stunden kamen wir schließlich in Lanesborough an, wo wir professionell rückwärts in eine der zahlreichen Parktaschen an den Anlegern festmachten. Das Manöver hätten wir so sicher nicht am zweiten oder dritten Tag mit der Glasson Lass hinbekommen, mittlerweile sind das Schiff und wir aber eine eingespielte Einheit. Gott sei Dank hat es beim Andocken selbst nur mäßig geregnet, so dass wir beim kurzen Festzurren der Leinen weitestgehend trocken davon kamen. Während wir danach gemütlich bei heißer Schokolade und Tee gelesen haben, setzte dann das ein, was Engländer gerne als „It’s raining cats and dogs“ bezeichnen. Ohne Unterlass schauerte es bis heute Abend in einem durch. Bei dem Wetter haben wir die Ortsbegehung samt Einkaufstour ohne schlechtes Gewissen auf morgen verschoben, uns in den Gammellook geworfen und das Schiff heute lieber mal nicht alleine gelassen. Mittlerweile hat der Regen jedoch schon so weit nachgelassen, dass zumindest die Iren vereinzelt schon wieder in der Hafengegend schwimmen. Ist ja eigentlich auch egal - nass ist nass. Bei der Einfahrt nach Lanesborough ist uns übrigens aufgegangen, dass die Wolkendecke heute nicht so einfach als Laune der Natur abgetan werden sollte. Nein, die Iren haben ob der Trockenheit in den zurückliegenden Wochen einfach mal die Regenmaschine angestellt!

Hier werden eindeutig Regenwolken für die Regionen Roscommon und Longford produziert
Nach einem sehr leckeren Abendessen bestehend aus Pork Loins, Baked Beans und Kartoffel-Sellerie-Püree schauen wir uns nun noch einen (hoffentlich) guten Film an oder schauen mal, ob wir angesichts der zwischenzeitlich vollends eingestellten Sintflut noch ein paar Schritte gehen.
Pub auf Pub
Den gestrigen Abend haben wir genauso verbracht wie Götze und Özil - wir haben der Nationalmannschaft bei ihrem ersten EM-Auftritt zugesehen. Das taten wir in bewährter Runde in nicht minder bewährter Umgebung. Um viertel vor Acht Ortszeit hatten sich außer Daniel und Doreen, die wir vorgstern in Shannonbridge kennengelernt hatten, auch noch jede Menge weiterer Deutsche zum Rudel-Gucken in Sean’s Bar eingefunden.
Dass das Spiel nicht gerade ein weltmeisterlicher Auftritt war, schadete der Stimmung nicht im Geringsten. Kurz nach dem Spiel gesellten sich dann auch noch Kurt und Irene zur intensiven Nachbesprechung des Spiels zu uns, so dass die Shannonbridge-Runde wieder komplett war. Als es im Biergarten kühler wurde, wechselten wir bei bester Live-Musik hinein in den Pub und blieben, bis wir um 1 Uhr raus gekehrt wurden. Ein sehr netter, entspannter Abend in bester Atmosphäre.
Als wir heute um viertel vor zwölf bei bestem Wetter ablegten, war das Frühaufsteher-Boot unter uns zwar schon weg, Daniel und Doreen schipperten aber beinahe gleichzeitig los und bogen erst nach zwei Stunden Richtung Nord-Osten auf dem Lough Ree ab, während wir uns Richtung Nord-Westen hielten. Vielleicht sieht man sich ja noch einmal im Laufe der nächsten Tage wieder.

Abfahrt aus Athlone bei wieder einmal prima Wetter
Der Lough Ree ist für heute und morgen unser vorübergehendes Revier, bevor es an seinem nördlichen Ende wieder in den Shannon geht. Er ist ungefähr genauso groß wie der Lough Derg, aber hinsichtlich der befahrbaren Gebiete etwas zerklüfteter und daher etwas schwieriger zu navigieren. Unterwegs wurde es erneut so sonnig und heiß, dass die Sonnenmilch wieder zu Ehren kam. Bei beeindruckenden Panoramen tuckerten wir sehr gemächlich bis zur Blackbrink Bay, einer kleinen Bucht im Westen des Sees.

Wolkenspiele über dem Lough Ree
Die kleine Bucht ist über einen noch kleineren Kanal mit dem netten Anleger Lecarrow Harbour verbunden, an dem wir heute übernachten werden. Der Kanal ist extrem eng und neigt in den Sommermonaten zum sogenannten „Verkrauten“. Die Pflanzenwelt in seinem Lauf wuchert dann derart stark, dass man ihn sehr vorsichtig durchfahren muss, um nicht Gefahr zu laufen, sich die Wasserfilter der Motorkühlung zu verstopfen. Schon jetzt war unter der Wasseroberfläche ordentlicher Bewuchs zu erkennen, so dass wir uns sicherheitshalber im Schleichfahrt-Modus hindurch manövrierten.

Kerzengerades Pflanzenbiotop: Der Kanal nach Lecarrow
Als wir um 15 Uhr andockten, haben wir erst einmal den Frischwassertank ordentlich geflutet und sind nach einer kurzen Pause um halb fünf in einen netten, nahe gelegenen Pub gelaufen, um uns zusammen mit unseren irischen Gastgebern das Spiel der Kleeblätter gegen Schweden anzuschauen. Der Fernseher hatte zwar nur moderate Ausmaße, aber umso größer war die Stimmung - insbesondere, weil Irland die Schweden einigermaßen unerwartet 50 Minuten lang regelrecht an die Wand spielte. Als folgerichtig der Führungstreffer für die grün-weiße Fussballgroßmacht fiel, stand der Pub regelrecht auf dem Kopf. Zwar reichte es am Ende dann doch nur zu einem Unentschieden, aber es bestand allseits Einigkeit, dass das auch in Ordnung ginge. Schade nur, dass dafür ein Eigentor der Iren her musste - die Schweden selbst hätten heute sicher keine Bude zustande bekommen.
Während unseres Pub-Besuches haben wir auch Suzy kennengelernt - eine sehr niedliche Mischung irgendwo zwischen Terrier und Pudel, die uns zuerst auf einem eigenen Stuhl gegenüber saß, letztlich aber dann doch interessiert zu uns wechselte, um sich mal ordentlich kraulen zu lassen. Suzy war so - trotz der lärmenden Fussball-Gemeinde um sie herum - mit der Gesamtsituation äußerst zufrieden - erst recht, als sie auch noch einige Chips von ihrem Herrchen abstauben konnte. Eine Hundedame, die auf Cheese & Onion steht, hatten wir bislang auch noch nicht getroffen.

Im Pub abzuhängen, will auch als Hundedame gelernt sein
Auf dem Heimweg zum Boot fühlten wir uns merkwürdig beobachtet, aber vielleicht haben wir uns das auch nur eingebildet. Wie auch immer: Wir werden jetzt noch ein oder zwei Folgen „Homeland“ schauen und dann versuchen, etwas früher als in den letzten zwei Tagen ins Bett zu kommen.
Big Brother is watching you
Guinness ohne Nachwuchsprobleme
Das Killeens war gestern Abend mal wieder den Besuch wert. Als wir uns kurz nach acht einfanden, war der Pub schon recht gut besucht und im Billardraum lief bereits das Spiel der Engländer gegen Russland. Wobei die Sympathien der Iren eindeutig bei der Putin-Truppe lagen, wie sich bei den beiden Toren unschwer erahnen ließ. Wir haben uns mit drei weiteren deutschen Pärchen, von denen zwei ebenfalls mit dem Boot in Shannonbridge festgemacht hatten, nebenher die Fussballpartie angesehen und uns ein wenig über unsere jeweiligen Urlaubserlebnisse ausgetauscht. Bald gesellten sich auch ein paar ältere Iren hinzu und hatten sichtlich Spaß daran, ein wenig mit uns herumzuklönen. Natürlich dürfte auch ein Getränke-Geheimtipp nicht fehlen. Ehe wir uns versahen, stand schon eine Runde "Baby-Guinness“ auf den Tischen, eine im Schnapsglas servierte, äußerst gelungene Mischung aus Guinness, Jameson, Baileys und warmem Kaffee. Das Ganze sieht in der Kombination tatsächlich wie ein Mini-Pint Guinness aus und schmeckte so gut, dass es auch nicht die einzige Runde blieb. Natürlich gingen aber auch das normale Guinness, Bulmers und Smithwicks sehr gut und so verließen wir - ab 22 Uhr auch bestens durch eine Cover-Band mit Live-Musik unterhalten - um Mitternacht gut gelaunt den Pub und zauberten mit einem Pärchen aus dem Schwabenlande noch bis 2 Uhr auf unserem Boot weiter. Die Nacht war also verhältnismäßig kurz heute, aber insgesamt haben wir den Abend überraschend gut weggesteckt und sind um viertel vor zwölf Richtung Athlone aufgebrochen. Schien es zu diesem Zeitpunkt ein eher bedeckter Tag zu werden, konnte man schon kurze Zeit später den Irland-typischen Wetter-Zeitraffer erleben. Gerade noch bedrohlich dunkel, im nächsten Moment aufheiternd und schließlich strahlend schön.

Blick nach vorne: Weltuntergang voraus

Blick zur Seite: Och, geht doch

Blick nach hinten: Alles super
Je nördlicher wir kamen, desto stärker kam der Gedanke auf, lieber doch Sonnencreme aufzutragen. Die Temperaturen waren auch bereits wieder bei 25 Grad angekommen. Am heutigen Sonntag waren auf dem Fluß ungewöhnlich viele Angler mit ihren kleinen Außenbordern unterwegs, scheinbar eignete sich das Wetter ganz besonders gut für den Fischfang. Wir sind schnurstracks am Kloster Clonmacnoise vorbei gefahren und schließlich nach ziemlich genau drei Stunden an der Schleuse vor Athlone angekommen.

Immer noch auf Raubzügen in Irland unterwegs: Wikinger
Dabei haben wir einen persönlichen Rekord aufgestellt: Zum ersten Mal lagen wir mit fünf Booten in der Schleuse und ließen uns gen Athlone nach oben heben. Kaum gingen die Schleusentore auf, haben wir direkt in Richtung der dahinter liegende Kaianlage abgedreht und mit viel Glück den letzten verbliebenen Stellplatz für unsere Bootsgröße klar gemacht.

Athlone einmal mehr bei schönstem Wetter
Naja, es war nicht unbedingt ein ausgewiesener Anleger, aber man muss auch manchmal Fünfe gerade sein lassen können. Dafür ist Deutschland ja schließlich weltweit bekannt. So locker wie wir nimmt doch sonst niemand das Leben...

Glück gehabt: Unser Boot sieht deutlich anders aus
Für heute Abend haben wir uns mit den Bootsfahrern von gestern Abend zum Deutschland-Spiel in Sean’s Bar verabredet - das kann ja was geben. Naja, Hauptsache, wir hauen die Ukrainer 6:0 weg.
Willkommen am Verkehrsübungsplatz!
Heute am Samstag, dem Übergabetag an den Marinas, war zweierlei von vorne herein klar. Erstens: Wir würden auf unserem weiteren Weg nach Norden kaum andere Boote sehen. Und zweitens: Wenn wir in Shannonbridge anlegen würden, kämen am Nachmittag die „Newbies“ nach - also diejenigen, die ihre Schiffe heute in Banagher übernommen haben. Heute Abend kann man feststellen, dass wir mit beiden Prognosen vollkommen richtig lagen. Um kurz nach elf haben wir uns auf den Weg gemacht und sind mit mäßiger Fahrt ziemlich einsam in 1 3/4 Stunden bis hierher gefahren.

Gähnende Leere: Der Shannon am Übergabetag
Unterwegs war es zwar bedeckt, aber durchweg trocken, schon sehr warm und nahezu windstill. Wobei sich die Temperaturen und der Wind im Laufe des Tages noch steigerten. An den Ufern gab es die üblichen Verdächtigen zu beobachten, also insbesondere Kühe, Kormorane und Fischreiher. Gerade die gefiederten Freunde der Schuppentiere kommen hier voll auf ihre Kosten. Sowohl der Shannon als auch die Seen sind in diesem Jahr prallgefüllt mit Fischarten in sämtlichen Größen- und Gewichtsklassen. Nicht umsonst gilt Irland auch als Paradies für Angler - mitunter hat man das Gefühl, man müsse nur kurz ins Wasser greifen, um das Abendessen aus dem Wasser zu ziehen. So voll haben wir es unter der Wasseroberfläche in all den Jahren noch nie erlebt. Vielleicht müssten wir uns doch mal genauer mit dem Angelsport befassen - könnte sich durchaus als wirtschaftlich erweisen.

Nicht die besten Schwimmer, aber beim Trinken ganz vorne dabei

Die Marker im See sind eigentlich nur für Kormorane errichtet worden

Stehen gerne mal mit Messer, Gabel und Serviette am Ufer: Fischreiher

Immer wieder niedlich - und sie wissen das ganz genau!
Den Nachmittag verbrachten wir bei immer sonnigerem Wetter auf dem Achterdeck mit häkeln und lesen. Gegen 17 Uhr kamen dann auch schon die ersten Fahranfänger an. Was für ein Spaß beim Zuschauen, wenn die erst einmal merken, dass sich ein Boot beim Anlegen nicht ganz so verhält wie ein Auto beim Einparken. Mitunter soll es ja helfen, bei den Lehrvideos, die zu Beginn einer Bootstour in den meisten Marinas gezeigt werden, auch mal hinzusehen. Bei einem unüberhörbar ostdeutschen Pärchen haben wir dann - schon aus Selbstschutz - nicht mehr ruhig zusehen können und haben die beiden an den Steg gebracht. Immerhin: Lasso werfen konnten sie einigermaßen. Den Rest lernen sie vielleicht in der kommenden Woche auch noch.

Kaum fertig gestellt, schon sinniert er über das Leben als Häkelbär
Nun haben wir noch einen kleinen Spätnachmittagsspaziergang am gegenüberliegenden Ufer-Wanderweg hinter uns gebracht und bereiten gleich das Abendessen vor. Danach geht es in einen der besten Pubs an den hiesigen Wasserwegen, das Killeens. Hier haben wir vor Jahren schon in unübertroffener Atmosphäre ein WM-Spiel mit deutscher Beteiligung gesehen. Der Pub ist eigentlich eine Kombination aus einem kleinen Tante-Emma-Laden, dem eigentlichen Pub und den privaten Räumen des Betreibers. Alles geht irgendwie fließend ineinander über und überall findet man im Laufe des Abend Gäste. Am Tresen, im Wohnzimmer oder irgendwo dazwischen. Zudem ist heute wieder Live-Musik angesagt. Mal schauen, wie das mit dem Spiel England gegen Russland harmoniert…

Nomen est Omen: Shannonbridge
Unglaublich, aber wahr!
Na bitte, es geht doch - heute hat die derzeit zusammen mit der Sahara weltweit trockenste Gegend endlich einige Tropfen Regen abbekommen. Nicht allzu viel, aber immerhin. Schon vom Bett aus konnte man heute früh ein stetes Tröpfeln ausmachen, das von einem kleinen Rinnsal auf dem Verdeck des Achterdecks herrührte. Und tatsächlich: Ein Blick aus dem Fenster bestätigte einen ganz feinen Nieselregen, der über der Hafenanlage hing.
Wir genossen das völlig ungewohnte Bild bei einem ausgiebigen Frühstück und machten uns gegen viertel nach elf in Richtung der Schwenkbrücke bei Portumna auf, die um 12.30 Uhr geöffnet werden sollte. Der Nieselregen hielt zwar an, war aber noch weniger intensiv als beispielsweise die Wasserzerstäuber, die sich vereinzelt über den Obst- und Gemüsebereichen einiger Supermärkte finden. Da man also keine nassen Klamotten riskierte, konnten wir sogar wie gewohnt mit offenem Achterdeck fahren und freuten uns angesichts bereits wieder angenehm warmer Temperaturen über die frische Brise. Trotz nur weniger Knoten Fahrt war nach einer halben Stunde der Anleger der Schwenkbrücke bereits erreicht, so dass wir die Wartezeit nutzen konnten, um das Boot ein wenig auf Vordermann zu bringen.

Wartezeit sinnvoll genutzt: Klein-Reine-Machen vor der Portumna-Schwenkbrücke
Pünktlich um 12.30 Uhr kam der Brücken-Wärter zum Abkassieren und dem obligatorischen Plausch vorbei, so dass wir schon kurze Zeit später den Lough Derg nach exakt einer Woche wieder verlassen und auf den Shannon zurückkehren konnten.

Rechts! Schwenk! Marsch! Freie Fahrt Richtung Shannon...
Gemütlich zuckelten wir beinahe drei Stunden in Schleichfahrt Richtung Banagher, lediglich kurz unterbrochen durch die Schleusung an der „Victoria Lock“. Dort heimste das Boot und vor allem die Crew ein besonderes Lob des Schleusenwärters ein. Da eines der beiden Tore am Schleusenzugang defekt war und daher nur eine Seite geöffnet werden konnte, war die Einfahrt ohnehin ein wenig knifflig. Weil aber darüber hinaus bereits drei weitere Boote in der Schleuse lagen und zwei davon auf der für uns ungünstigen Seite, musste schon ein Weltklasse-Manöver her, um als viertes Schiff direkt hinter der defekten Schleusen-Pforte einzuparken. Und was soll man sagen? Es gibt diese Tage, wo so etwas auf Anhieb gelingt und die offene Bewunderung der übrigen Crews beinahe mit Händen greifbar wird. Heute war so einer. Das dafür als Lohn geerntete „Very good driving“ des Waterways-Angestellten kam aus vollem Herzen.

Anfahrt auf Banagher bei beinahe vollständig geschlossener Wolkendecke
Die restliche Fahrt durch die friedliche Flusslandschaft des Shannon war von der zunehmenden Wolkendecke geprägt, die aber nach wie vor stabiles Wetter für uns bereit hielt. Nach dem Anlegen in einer ruhigen Ecke des Hafens sind wir ausführlich einkaufen gegangen und haben nun wieder Proviant für die nächsten Tage an Bord. Und das alles ohne Regenjacke oder Schirm. Kaum waren wir jedoch wieder an Bord, öffnete der Himmel sämtliche Schleusen und für eine halbe Stunde regnete es offensichtlich all den Niederschlag, der sich in den zurückliegenden 14 Tagen angesammelt hatte. Nicht nass zu werden in Irland beherrschen wir mittlerweile scheinbar traumwandlerisch. Und was ist gemütlicher, als bei einem ordentlichen Schauer mit Tee und Kakao im Salon oder dem Achterdeck zu sitzen, dem Regen zuzuhören und dabei ein gutes Buch zu lesen?
Mittlerweile ist die kurze Regenphase längst wieder vorbei, es hat aufgeklart und bei freundlichem Wetter zieht es so manchen Gast der hiesigen Marinen in den Ort, um im Pub die Eröffnung der EM zu sehen. Da morgen Samstag ist und damit Übergabetag, sind die drei hier heimischen Flotten so gut wie vollständig angetreten, die Stege sind voll und an so manchem Mietboot weht die jeweilige Landesflagge.

Boote und kein Ende: Gleich drei Marinen stationieren ihre Flotten in Banagher
Das wird uns zweifellos in der Form nicht passieren. Die Flotte unseres Vermieters besteht zur Zeit aus genau einem Boot - und auf dem sitzen wir und verfolgen den Live-Ticker zur Auftakt-Niederlage der Franzosen. Das Turnier verspricht ohnehin so manche Überraschung. Dass Irland letztlich Europameister wird, hätten vermutlich nur wenige vorher getippt. Wir schon.
Ein Fall für die Monopolkommission
Ein Tag ohne Sonnencreme ist auch nach dem 13. Anlauf hier in Irland noch nicht in Sicht. Zwar ist es heute nicht mehr durchgängig sonnig gewesen, aber von mittags bis in den frühen Abend hinein brannte es doch wieder mehr als ordentlich vom Himmel herunter und die Temperaturen erreichten erneut sommerliche 25 Grad im Schatten - den gab es halt nur nirgends. Wozu haben wir eigentlich Pullis mitgebracht?
Unsere übliche Startzeit hat sich mittlerweile irgendwo zwischen 11 und 12 Uhr eingependelt. Heute trafen wir genau die goldene Mitte und stachen um halb zwölf in (den) See. Eigentlich wollten wir lediglich 1 1/2 Stunden bis nach Rossmore Richtung Nord-Osten fahren, haben uns aber umentschieden und sind eine Stunde länger bis fast zurück nach Portumna unterwegs gewesen.

Pünktlich zum Ablegen bahnte sich auch die Sonne wieder ihren Weg durch die Wolken
Dass wir nun in Terryglass statt in Rossmore festgemacht haben, liegt am Proviantbestand . Wir hätten heute eigentlich einkaufen müssen, aber in Rossmore gibt es dazu schlicht keine Gelegenheit. In Terryglass hingegen gibt es ein Lädchen. Ein Besuch zeigte allerdings, dass dieses sich seine örtliche Monopolstellung auch gut bezahlen lässt. Ein Einkauf für mehrere Tage wäre zwar möglich, wirtschaftlich aber nicht so recht darstellbar gewesen. Wir beließen es daher beim Kauf der morgen früh dringend benötigten Milch. Mit dem Rest warten wir lieber auf einen Anleger, wo es zumindest einen Super Valu gibt. Für Smutje hieß das überraschend: Heute bleibt die Kombüse kalt, wir gehen essen.

Das "Derg Inn" - vielfach ausgezeichneter Gastro-Pub
Im Örtchen Terryglass gibt es zwei Pubs - einen, der neben Getränken auch Bar-Food wie Burger, Pommes etc. anbietet und einen, der sogar mit einem echten Restaurantbetrieb daher kommt. Und der ist gar nicht einmal schlecht, sondern sogar als einer der besten „Gastro-Pubs“ an den hiesigen Wasserwegen ausgezeichnet. Da wir ordentlich Hunger hatten, fiel die Wahl daher auf das „Derg Inn“. Der Himmel zog sich zwar langsam wieder zu, aber man konnte noch schön draußen sitzen und unzähligen Raben in den Bäumen ringsherum lauschen. Entschieden haben wir uns von der Restaurant-Karte dann zwar doch „nur“ für Burger, die waren allerdings wirklich großartig.

Es geht doch nichts über eine gesunde, ausgewogene Ernährung
Den Nachmittag hatten wir zuvor mit zwei guten Büchern und einer weiteren Schwimmrunde verbracht. Die zu beobachtenden Anlegemanöver der übrigen Crews hier verliefen leider derart unspektakulär, dass sich der Captain der Glasson Lass sogar ein spontanes Schläfchen auf dem Achterdeck gönnte.
Auf Live Musik im Pub verzichten wir heute mal, da wir den gestrigen Abend noch in guter Erinnerung haben. Je später der Abend, desto voller wurde es und umso besser wurde die Stimmung. Zu später Stunde wurde aus dem 3-Generationen-Trio mit Gitarre, Geige und Akkordeon durch das Einsteigen eines vielleicht 10-jährigen Jungen mit Banjo sogar noch ein Quartett. Gespielt wurden traditionelle irische Songs, mitunter wurde auch dazu gesungen - schnell ertappt man sich dabei, wie man mitwippt, mit den Fingern auf dem Tisch trommelt oder den Fuß unterm Tisch nicht mehr ruhig bekommt. Immer wieder einfach schön.
Unverhofft kommt reichlich oft!
Was für eine friedliche Nacht. Völlige Stille, kein Wind, kein Wellenschlag. Lediglich zahlreiche vor sich hin dümpelnde Boote in einer lauschigen Bucht, die auf einen gerade beginnenden neuen Tag warteten.
All das war um halb sechs schlagartig vorbei. Ein lautes Piepen aus dem Salon riss uns aus sämtlichen Träumen - wären die Decken darüber nicht so niedrig, hätten wir wohl in den Betten gestanden. Der Ursache war schnell auf den Grund gegangen: Der Kohlenmonoxid-Warner hatte Alarm geschlagen. Offensichtlich hatten wir heute Nacht (und unser Teelichter-Raclette am Abend zuvor) einfach zuviel Sauerstoff verbraucht. Wir hatten uns ganz auf die auf allen Schiffen integrierte Ventilation verlassen, aber unser Boot verlangte ungeachtet dessen vehement danach, ein Fenster zu öffnen. Kaum waren wir dem Auftrag nachgekommen, war auch schon wieder Ruhe.
Nach dieser kurzen Unterbrechung waren zwar die Kreisläufe ordentlich in Schwung, konnten aber so erfolgreich wieder runtergefahren werden, dass die danach erneut aufgenommene Nachtruhe erst um halb zehn das zweite Mal endete.
Ungewohnt war allerdings das Panorama, das uns beim Blick aus dem Salon empfing: Statt des strahlenden wolkenlosen Blaus der vergangen 1 1/2 Wochen war heute Grau die dominante Farbe. Der See lag in beinahe mystischen Nebelschleiern ruhig aber verhüllt vor uns. Der Horizont verlor sich irgendwo hinter einer nahegelegenen Insel, das gegenüber liegende Ufer schien über Nacht verschwunden zu sein.

Heute erst einmal eine Fahrt ins Graue - Lough Derg um 12 Uhr mittags
Als wir uns gegen 12 Uhr auf den Weg machten, war der Nebel zwar bereits auf dem Rückzug, es war aber noch sehr diesig, so dass der Ausguck besonders gut arbeiten musste, um die Navigationsbarken zu entdecken. Mit jeder Minute unserer heute nur einstündigen Fahrt einmal quer über den See nach Garrykennedy klarte es jedoch zusehends auf, so dass wir um 13 Uhr bereits bei strahlendem Sonnenschein anlegen konnten.

Eine Stunde später: Sonniger Anleger in Garrykennedy
Zunächst machten wir im alten Hafen fest und schauten uns ein bisschen in der unmittelbaren Umgebung um. Dabei inspizierten wir auch den neu entstandenen Teil des Anlegers und legten das Boot durch eine kurze Fahrt „um die Ecke“ noch einmal um, da der morderne Steg mit Wasser- und Stromanschluss lockte.

Nicht ganz so malerisch, dafür die bessere Infrastruktur: Der neue Anleger vor Ort
Beim genaueren Inspizieren der umgebenden Parkanlage stießen wir zu unserer großen Verblüffung und Freude auf eine eigentlich bereits in Killaloe erwartete Self-Service-Laundry. Heute konnte wir also unverhofft doch noch mit maschineller Unterstützung einmal die gesamte Schmutzwäsche in Schuss bringen und haben so für die restliche Tour vollends ausgesorgt. Die Dreiviertelstunde, die unsere Maschine brauchte, nutzten wir für einen kleinen Spaziergang. Direkt am Anleger war ein „Forrest Trail“ ausgeschildert, der sich zunächst noch am See lang, einmal um Garrykennedy herum durch einen kleinen Wald schlängelte. Eine schöne Abwechslung, um sich einfach mal die Beine zu vertreten und Kontakt zur einheimischen Tierwelt aufzunehmen.

Stets aufgeschlossen an der Grenze zur Neugier: Kerry-Gold-Produktionseinheiten
Zuhause angekommen, hingen wir rasch die Klamotten auf das Achterdeck, wo sie zwischenzeitlich schon vollständig getrocknet sind und auf das Abhängen warten. Nach und nach füllte sich der Steg zusehends. Offensichtlich sind wir nicht die Einzigen, die - dank Brian von unserer Heimat-Marina, der uns den Tipp sogar extra in die Navigationskarte geschrieben hatte - von der traditionellen Live Musik wissen, die hier gleich in einem der beiden sehr nett ausschauenden Pubs starten wird. Lesen und schwimmen ließen den Nachmittag schnell rumgehen und in einer Stunde machen wir uns auf die Socken, um den irischen Klängen bei einem gepflegten Guinness zu lauschen.

Wer kennt es nicht? Das Märchen von der Froschkönigin?
Dass es dann doch wieder 26 Grad bei strahlendem Sonnenschein wurde, hätten wir heute früh zwar nicht unbedingt erwartet, wir nehmen den weiteren Tag mit Prachtwetter aber natürlich gerne mit. Den Begriff „Regen" verbinden wir mittlerweile eigentlich gar nicht mehr mit unserer Wahlheimat. Mal schauen, wann sich endlich der erste Schauer blicken lässt. Morgen ist ja auch noch ein Tag...