Es war soweit. Nachdem wir es vor genau zehn Jahren schon einmal - damals mit Martina und Annika - gewagt hatten, riskierten wir heute wieder Kopf und Kragen bei der Überfahrt nach Dursey Island. Nachdem wir vorletzten Samstag bereits kurz gemeinsam mit unseren Eltern bei der einzigen Seilbahn Irlands vorbeigeschaut hatten und uns unser „Housekeeper“ Billy den Tipp gab, nicht nur wie 2008 kurz überzusetzen und bald darauf wieder zurück zu schweben, sondern uns Zeit für eine schöne Wanderung über die Insel zu nehmen, war die Abenteuerlust entfacht.

Heute nur beim Ein- und Aussteigen eine wackelige Angelegenheit: Dursey Cable Car
Wir waren um halb eins vor Ort und besorgten uns schon Tickets, um nach der halbstündigen Mittagspause der Betreiber bei der ersten Fuhre Richtung Dursey dabei zu sein. Um ca. 14 Uhr waren wir schließlich wohlbehalten gelandet, nachdem wir uns die Zeit zuvor bei schönem, jedoch leicht diesigen Wetter mit Lesen vertrieben hatten. Während der Überfahrt versuchte Sandra, einige Zeugen Jehovas auf den rechten Weg zu bringen - ob es geklappt hat, wird die Zukunft zeigen.
Auf der Insel, die mitunter von nicht einmal einem halben Dutzend Menschen bewohnt wird, steuerten wir zunächst den alten Signal Tower an und wählten dafür einen wunderschönen Wanderweg quer über die Hügelkette, die den Mittelteil des Eilandes bildet. Sehr starke Anstiege wechselten mit langezogenen, eher sacht an Höhe gewinnende Passagen ab. Zwar war die Fernsicht heute nicht brilliant, aber auch so gab es herrliche Ausblicke auf die Küste Durseys und den am Horizont scheinbar im Nebel verschwindenden Atlantik. Wäre das hier ein Piratenfilm, hätte man sich nicht über das plötzliche Auftauchen der Black Pearl gewundert.

Allzu weit konnte man heute nicht hinaus auf das Meer blicken
Wie fast immer hier von jeder Menge Schafe begleitet, gelangten wir schließlich nach 1,5 Stunden am Ziel der ersten Etapppe an und genossen die unglaubliche Ruhe, liessen den Blick über das unerwartet große Dursey schweifen und widmeten uns den mitgebrachten Sandwiches.

Sie sind einfach überall - und sie passen einfach überall gut hin
Erst, wenn man den alten Signalturm erreicht hat, kann man über den Rest der Insel blicken und ist tatsächlich erstaunt, wie weit entfernt der südwestliche Zipfel der Insel noch entfernt ist. Das ist übrigens der Punkt, wo in Europa die Sonne zuletzt untergeht. Dursey brachte es darüber 1999 zu einiger Berühmtheit. Weil ja niemand wusste, ob im Jahr 2000 tatsächlich noch irgendwo auf der Welt die Sonne wieder aufgehen würde, nahm man mit Live-Bildern von der Insel vorsichthalber melancholisch Abschied vom Leben, wie man es bis zur Jahrtausendwende kannte.
Da aber bekanntlich nichts von den damaligen Befürchtungen Realität wurde, kehrte die Insel wieder in ihren Dämmerzustand zurück, den die Welt so wunderbar beschrieben hat, und wir konnten die einsame Entscheidung treffen, das volle Programm durchzuziehen und bis ans Ende Europas weiterzugehen.

Da geht noch was: Vom Signal-Tower sind es noch ein paar Kilometer, bis man Europa über die Klippe verlässt
Es ging also weiter und weiter - bis wir schließlich Dursey Head erreicht hatten - von dort sieht man außer auf das Ende der zivilisierten Welt auf drei kleine Felsen, die die Iren „Bull", „Cow" und "Calf Rock" genannt haben. Eine Anleihe an die heimische Tierwelt lag vermutlich nahe - außer Kühe und Schafe gibt es hier halt nicht allzu viele Bewohner.

Geradeaus das Kalb, halb-rechts die Kuh, ganz rechts Sandra am Ende Europas
Wir blieben eine ganze Weile andächtig sitzen und lauschten dem Tosen des Atlantiks unter uns, bevor wir uns auf den Rückweg entlang der Ostseite der Insel machten. Der Weg führte zunächst über unausgeschilderte, von Steilküsten umgebene Wiesen und mündete in einen Feldweg, der Wanderer gemächlich bergab direkt zur Seilbahn leitet. Natürlich muss man unterwegs nicht nur auf seine Schritte aufpassen, sonden auch auf Wegelagerer.

Heimtückisch überfiel uns diese reißende Bestie
Um 18 Uhr waren wir schließlich soweit wieder startklar am Cable Car angelangt, mussten uns aber noch gedulden, da noch einige andere Ausflügler zurück auf das irische Festland schweben wollten. Die Kabine reicht halt laut Zulassung immer nur für sechs Personen, beladen wurde sie natürlich deshalb jeweils mit acht. Um 19.15 Uhr und nach einem netten Plausch mit einem der ganz wenigen Bewohner der Insel hatten wir es letztlich geschafft: Der Boden hatte uns wieder. Unterwegs war bei einem Blick auf die neben Psalm 91 und dem Weihwasser hängende Speisekarte von "Murphy’s Mobile Catering" Hunger aufgekommen.

Last Order: Für uns wurde der Herd trotz Feierabend nochmal angeworfen
Der kleine Imbiss am Fuße der Seilbahn kann sich dabei durchaus sehen lassen, wird er doch sogar regelmäßig im Bridgestone Irish Food Guide lobend erwähnt. Wir orderten ganz klassisch Fish (Seehecht) & Chips bzw. Taco-Chips und ließen einen bemerkenswert schönen Ausflug als letzte Anwesende am Parkplatz kulinarisch ausklingen.

Gesundes Essen nach einem Tag gesunder Luft