Die Rückkehr der Wegelagerei

Kaum haben wir das traumatisierende Erlebnis mitten in Connemara vor einigen Jahren verarbeitet, als unser damaliger Leihwagen Ziel einer unangekündigten Straßensperre mit anschließender Durchsuchung wurde, schon sind wir erneut der Neugier der hiesigen Fauna zum Opfer gefallen.

Waren es damals ein Schimmel und ein Esel, die sich zu gemeinsamen Beutezügen zusammengerottet hatten, ereilte uns dieses Mal das Schicksal in Form einer zunächst harmlos anmutenden Katze.

Dass es sich beileibe nicht um einen herkömmlichen Stubentiger handeln würde, wurde schnell deutlich, als wir uns der westlichen Spitze unserer Halbinsel näherten. Entschlossen schnitt uns Meister Samtpfote den Weg ab und zwang uns zum Anhalten.

Vermutlich im Besitz irgend einer dieser ostasiatischen Ninja-Kampfsport-Ausbildungen, vermochte der nicht gestiefelte Kater anschließend vollständig mit seiner Umgebung zu verschmelzen. Um dem Gedanken nachzugehen, Mikesch könnte vielleicht sein siebtes Leben an der Lauffläche unseres Vorderreifens ausgehaucht haben, öffneten wir vorsichtig die Türen - und schon ging alles ganz schnell. Bereits ein kleiner Spalt genügte dem gewieften Tier, um behende in den Innenraum zu springen und sowohl die Einrichtung als auch die Crew des Fahrzeuges genauestens zu inspizieren.

Offensichtlich bestanden die japanische Verarbeitung und die deutsche Besatzung gleichermaßen die strengen Prüfkriterien, denn anschließend mutierte der Ritter der Landstraße zum Schmusekätzchen. So gelang es uns letztlich doch noch, die Ledersessel und die Krallen voneinander fern zu halten. Nach einer kurzen abschließenden Kofferraum-Kontrolle konnten wir endlich den Wanderweg zum Leuchtturm an der Steilküste einschlagen - unseren neuen Freund natürlich im Schlepptau.

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Sieht unschuldig aus, ist es aber nicht!

Selbstverständlich war die denkbar kurze Anreise - schließlich befindet sich unser Stone Cottage mitten auf der gleichen nicht sehr großen Halbinsel - auch zum nunmehr dritten Male jede Mühe und Aufregung wert. Grandiose Ausblicke auf die schier unendliche Weite des Atlantiks, Steilküsten mit tosenden Brandungen und natürlich die omnipräsenten irischen Schafe an allen nur möglichen, aber ebenso den unmöglichen Stellen.

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Nein, nicht Griechenland.

Nach erfolgter Rückkehr zum Parkplatz konnten wir zu einem Besuch in unserem Stamm-Cafe einfach nicht nein sagen. An manchen Orten steht die Zeit still. Dies ist so einer. Dieselbe nette alte Dame wie immer, die an diesem verlassenen westlichen Zipfel Europas bedient. Derselbe leckere Apple-Pie mit Sahne (na gut - vermutlich nicht genau derselbe wie letztes Mal). Und eine Hot Chocolate, die den Namen nicht nur verdient, sondern - um richtig süß zu sein - auch noch mit Marshmallows serviert wird. So muss das sein. Frisch gestärkt ging es dann an der nördlichen Seite der Halbinsel zurück. Das ist die, wo die Straßen eigentlich nur bessere (mitunter auch schlechtere) Wanderwege sind. Ist man wegen der Enge ohnehin stets versucht, die Außenspiegel anzuklappen, kommt zusätzliche Spannung auf, wenn einem doch einmal ein Auto entgegen kommt. Da dies statistisch allerdings ebenso häufig vorkommt, wie der berühmte 6er im Lotto, lässt sich das dann notwendige zentimerweise Aneinander-vorbei-Kurbeln an steilen Abhängen leicht verschmerzen. Und zudem sind Reisebusse genau deswegen hier ein Fremdwort. Die Halbinsel ist also wirklich etwas für Individual-Genießer.

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Ein typischer Wanderweg - ausnahmsweise jedoch nicht für Autos geeignet.

Das Wetter zeigte sich - wie von Olivia und Colin prognostiziert - pünktlich zum Wochenauftakt von seiner besten Seite. Die ersten Sonnenbrände werden sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Ach ja, das gestrige Hurling-Finale ging übrigens unentschieden aus: 0-25 zu 3-16 (was auch immer das bedeuten mag). Am 28. September 2013 gibt es also zum zweiten Mal in der langen Geschichte dieses Sports ein Wiederholungsspiel. Vermutlich wird die gestrige TV-Quote von über 64% dann sogar noch übertroffen. Wir werden es erleben. Vielleicht lassen wir uns dann auch endlich mal in einem Pub die Regeln erklären.

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Irlands Botschafter Nr. 1 (noch vor dem Kleeblatt)

© Carsten Seiler 2013