Heute morgen um acht hörte es sich so an, als würde es ganz leicht nieseln. Also haben wir uns lieber noch einmal umgedreht und erst um neun Uhr ein erstes Auge nach draußen riskiert. Und tatsächlich: Feinstes Fieseln vorm Fenster. Das ließ nur eine Reaktion zu: Noch einmal umdrehen und das Aufstehen nach hinten verlagern. Um 10 Uhr hatte es dann so gut wie aufgehört, so dass wie gewohnt Türen und Fenster zum Anbraten des irischen Frühstücks geöffnet werden konnten. Draußen setzte derweil ein sonores Brummen ein - der Unterwasser-Mähdrescher-Fahrer hatte seinen Dienst aufgenommen und sehr zur Freude sämtlicher Freizeit-Skipper damit begonnen, Hafen und Kanal von der überbordend wuchernden Pflanzenwelt zu befreien.

Reiche Ernte: UMD 1 im Einsatz
Es war High Noon, als das schier Undenkbare Gewissheit wurde und eine Premiere anstand: Wir waren die erste Crew, die den Hafen verließ! Mit zahlreichen Grüßen und guten Wünschen ausgestattet, begannen wir die Schleichfahrt durch den Kanal zurück zum Lough Ree. Mitunter hatten wir dabei den Eindruck, dass sich Schilf, Seerosen und Unterwasserpflanzen seit gestern noch einmal exponentiell vermehrt haben.

Irgendwo zwischen idyllisch und bedrohlich: Grünzeug auf dem Vormarsch
Als wir schließlich nach einer halben Stunde auf den See hinaus kamen, hatte der Niesel zwar wieder eingesetzt, aber wir konnten noch im Cabrio-Modus cruisen und ein T-Shirt war vollkommen ausreichend. Es war allerdings bereits deutlich zu erkennen, dass dieser Zustand heute wenig Bestand haben sollte. Sowohl hinter als auch vor uns schloss sich nach und nach die Wolkendecke komplett und schaltete auf dunkelgrau bis tiefschwarz um.

Unser gewohntes Blau trat heute den Rückzug an
Die Einschätzung ist vermutlich Glück oder schlichte Erfahrung, wann der richtige Moment gekommen ist, das Verdeck komplett zu schließen. Wir haben den Zeitpunkt jedenfalls haargenau abgepasst. Kaum fuhren wir geschlossen, öffnete der Himmel seine Schleusen und es regnete auf dem Level „ordentlich bis beachtlich“. Dem Navigieren innerhalb der ausgewiesenen Fahrrinne auf dem Lough Ree war das natürlich wenig zuträglich, aber der bordeigene Feldstecher hat uns dann doch jede Markierung noch rechtzeitig erkennen lassen - und das trotz nur eines Scheibenwischers vor dem Steuerstand am Oberdeck. Wobei man sich - gemütlich im Trockenen sitzend - mitunter wie ein Weichei vorkommt, wenn man an unverwegenen Anglern in kleinen Nussschalen vorbeizieht.

Angelsport ist nur was für die ganz Harten
Nach 2 1/2 Stunden kamen wir schließlich in Lanesborough an, wo wir professionell rückwärts in eine der zahlreichen Parktaschen an den Anlegern festmachten. Das Manöver hätten wir so sicher nicht am zweiten oder dritten Tag mit der Glasson Lass hinbekommen, mittlerweile sind das Schiff und wir aber eine eingespielte Einheit. Gott sei Dank hat es beim Andocken selbst nur mäßig geregnet, so dass wir beim kurzen Festzurren der Leinen weitestgehend trocken davon kamen. Während wir danach gemütlich bei heißer Schokolade und Tee gelesen haben, setzte dann das ein, was Engländer gerne als „It’s raining cats and dogs“ bezeichnen. Ohne Unterlass schauerte es bis heute Abend in einem durch. Bei dem Wetter haben wir die Ortsbegehung samt Einkaufstour ohne schlechtes Gewissen auf morgen verschoben, uns in den Gammellook geworfen und das Schiff heute lieber mal nicht alleine gelassen. Mittlerweile hat der Regen jedoch schon so weit nachgelassen, dass zumindest die Iren vereinzelt schon wieder in der Hafengegend schwimmen. Ist ja eigentlich auch egal - nass ist nass. Bei der Einfahrt nach Lanesborough ist uns übrigens aufgegangen, dass die Wolkendecke heute nicht so einfach als Laune der Natur abgetan werden sollte. Nein, die Iren haben ob der Trockenheit in den zurückliegenden Wochen einfach mal die Regenmaschine angestellt!

Hier werden eindeutig Regenwolken für die Regionen Roscommon und Longford produziert
Nach einem sehr leckeren Abendessen bestehend aus Pork Loins, Baked Beans und Kartoffel-Sellerie-Püree schauen wir uns nun noch einen (hoffentlich) guten Film an oder schauen mal, ob wir angesichts der zwischenzeitlich vollends eingestellten Sintflut noch ein paar Schritte gehen.