Das letzte Abendmahl

Der vorletzte Morgen an Bord war noch einmal gemächlicher als die bisherigen Tagesanbrüche. Zum einen hatte das damit zu tun, dass die gestrigen Wetter-Kapriolen über Nacht nahezu vollends abgeklungen waren und wir stattdessen schön in den Schlaf geschunkelt wurden. Zum anderen möchte man natürlich einen wunderschönen Urlaub einfach nicht enden lassen. 

So vertrödelten wir den Vormittag, genossen ausgiebig das letzte „Full Irish Breakfast“ an Bord und lösten erst um viertel vor eins die gestern so mühsam fixierten Taue. Das Wetter war uns erneut wohlgesonnen und so konnten wir wieder mit offenem Verdeck einmal quer über den See cruisen. Wie immer taten wir das in aller Gemütsruhe mit nicht mehr als 1.500 Touren, so dass es beinahe 2 1/2 Stunden dauerte, bis wir vom nord-westlichen Zipfel des Lough Ree zu seinem süd-östlichen Ausleger gelangt waren. Zwar wurde es unterwegs zunehmend windig, aber die jahrelange Navigationserfahrung kommt einem spätestens dann zu Gute, wenn es gilt, allzu heftige Turbulenzen an Bord zu vermeiden. So passten wir beständig den Kurs an und schafften es tatsächlich, den See bei mitunter beachtlichem Wellengang zu queren, ohne dass das Geschirr im Schrank seinen angestammten Platz verließ.

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Kurs Süd-Ost: Die Glasson Lass auf dem Heimweg


Schon bei der Anfahrt auf unsere Heimat-Basis, Quigleys Marina, winkte uns Shain zu, der sich auch um die Abschluss-Abnahme kümmerte. Die verlief wie gewohnt auf sehr entspannte irische Art. Einmal kurz gefragt, ob alles in Ordnung gewesen ist und das war es dann schon. Wer mit einer detaillierten Inspektion rechnet, ist hier in der Regel Fehl am Platz. Wir haben auch so gebeichtet, ein Glas zerdeppert zu haben - allerdings haben wir die Bootsausstattung dafür auch um zwei Guinness-Gläser und einen Pfannenheber ergänzt. Da das Boot noch ganz neu in der Vermietung angeboten wird, haben wir auch noch die ein oder andere Anregung an den Mann gebracht, was noch verbessert werden könnte. Insgesamt wirklich nur Kleinigkeiten, da das Schiff auch so schon einen weit überdurchschnittlichen Komfort bietet, aber das Bessere ist halt der natürliche Feind des Guten. So wären weitere Scheibenwischer sicher nicht falsch und die Wasserhähne an Bord könnten durchaus mal ein neues Set Dichtungen vertragen. Wenn es auch nur ein wenig irgendwo dröppelt, nimmt irgendwann die Wasserpumpe kurz aber gut hörbar ihren Dienst auf - ohne Rücksicht auf irgendwelche Uhrzeiten. Wir haben abends daher immer noch eine Kontrollrunde gestartet und sämtliche Hähne zur Sicherheit einmal nachgezogen, um ungestört durchschlafen zu können. 

Insgesamt sind das aber wirklich Klagen auf sehr hohem Niveau. Die Glasson Lass ist wahrlich komplett ausgestattet und bietet mit dem zweiten Steuerstand, dem Vollverdeck und dem Bugstrahlruder eine Menge Annehmlichkeiten für das entspannte Befahren der hiesigen Wasserwege. Dazu kommt eine Küchenausstattung, wie wir sie bisher noch auf keinem Boot angetroffen haben. Da fehlte - bis auf einen Kunststoff-Heber für die beschichteten Pfannen - wirklich nichts, sämtliche Utensilien waren zudem praktisch fabrikneu. 

Besonders auf die Möglichkeit, bei Bedarf ganz offen, teilweise offen oder geschlossen zu fahren, möchten wir schon seit den sehr guten Erfahrungen auf der Bootstour in 2014 nicht mehr verzichten. Wenn von 21 Tagen lediglich zwei Regentage zu Buche stehen, dafür aber 17 Tage, an denen man neben der Sonnenmilch für jeden zusätzlichen Schutz dankbar ist, spricht tatsächlich auch künftig Einiges für die Boote mit Achterdeck-Haube.

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Zurück Zuhause: Letzter Anleger nach drei Wochen treuem Dienst


Für Statistikfreunde bleibt festzuhalten, dass wir in dem diesjährigen Bootsurlaub etwa 150 Liter Diesel verfahren und nur etwas über 50 Betriebsstunden gesammelt haben. Beides äußerst geringe Werte, die ein Beleg dafür sind, dass wir uns mehr auf die Entspannung als auf die Fahrerei verlegt haben. Da unser Tank bei der Glasson Lass ca. 450 Liter fasst, hätten wir ohne Weiteres also noch einmal sechs Wochen dran hängen können. 

Heute Nachmittag haben wir in Ruhe Koffer gepackt und das Boot innen und außen gründlich gereinigt. Danach sind wir einmal in Ruhe durch die Marina gestreift und müssen attestieren, dass der hiesige Liegeplatz sicherlich zu den Basen mit dem wertvollsten Schiffsbestand am Shannon zählt. Solch eine Ansammlung von großen und zweifellos nicht günstigen Yachten sieht man sonst allenfalls auf der Boot in Düsseldorf auf einem Fleck.

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Kapitalstarke Basisstation: Einer der millionenschweren Stege der Quigleys Marina


Nun schunkeln wir gemütlich in den Abend hinein und liegen dabei unmittelbar hinter dem größten Schiff, das derzeit den hiesigen Fluss und die Seen an seinem Verlauf befährt, der Shannon Princess - einem Kreuzfahrtschiff, in dem man für unglaublich hohe Preise z.B. unvergessliche Golftouren durch Irland buchen kann. Maximal 10 Personen werden dabei sehr feudal mit Vollservice von einem Golfkurs zum nächsten geschippert. Schon ab 4.400 Dollar die Woche ist man dabei - in der Nebensaison, versteht sich.

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Shannon Princess - nicht unbedingt schön, aber zumindest schön teuer


Trotz relativ spätem Rückflug werden wir morgen von unserem Fahrer leider schon um halb zehn an der Marina abgeholt. Wir werden also mehr als genug Zeit am Dublin Airport zur Verfügung haben, um die angefangenen Bücher zu Ende zu lesen, ein bisschen in den Flughafen-Shops zu stöbern und noch das ein oder andere Andenken zu erwerben. Naja, ist auch nicht schlimm. Wir hatten nun drei Wochen keinen Stress - wieso sollten wir also auch am letzten Tag damit anfangen?


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Auf ein baldiges Wiedersehen in Irland freut sich in jedem Falle die diesjährige Crew der Glasson Lass.







© Carsten Seiler 2013